In dem Roman „Die Soldaten von Salamis“ von Javier Cercas wird folgende Szene geschildert: Man schreibt das Jahr 1940, 5 Fremden-Legionäre irren durch die Sahara zuerst von Osten nach Westen und dann zurück von Westen nach Osten. Sie sind auf der Suche nach den Truppen Charles de Gaulles denen sie sich anschließen wollen. Dieser kleine Trupp, armselig und heruntergekommen in seinem fast surrealistischen, scheinbar vollkommen sinnlosen Handeln symbolisiert doch den Keim der Hoffnung, den Charles de Gaulle in einer Zeit sät, die ohne Hoffnung scheint.
Charles de Gaulle wird am 22. November 1890 in Lille in eine bürgerlich-konservative Familie hinein geboren, die ihm von Anfang an einen klaren moralischen Kompass vorgibt. Die Familie bezieht z.B. in der Auseinandersetzung um den Leutnant Dreyfuss Position für den zu Unrecht Verurteilten.
1908 beginnt er seine Ausbildung in der Militär-Schule Saint-Cyr, die er 1912 als Leutnant abschließt.
Im ersten Weltkrieg tritt sein unabhängiges Denken zutage. Befehle, die er für falsch hält, wird er nicht befolgen, was ihm Disziplinarstrafen wegen Ungehorsams einbringt. Nach dem er mehrmals verwundet wird, gerät er 1916 in deutsche Gefangenschaft. Immer wieder startet er Ausbruchsversuche. Seine ungewöhnliche Größe wird ihm dabei allerdings im Wege stehen, da er dadurch leicht auffällt.
Nach dem ersten Weltkrieg scheint sein Karriereweg nur nach oben zu führen, der Marschall Pétain gehört zu seinen Förderern. Doch schon in den Zwanziger Jahren warnt er davor, dass die Strategie der französischen Armee falsch sei in ihrer Unbeweglichkeit. Sein Förderer Pétain lässt ihn fallen und trotzdem wird de Gaulle nicht müde eine strategische Neuausrichtung anzumahnen. Einzig, es wird ihn keiner hören wollen. Und doch behält er auf tragische Weise Recht.
Der zweite Weltkrieg bricht aus, dem Einmarsch der deutschen Truppen 1940 können die französischen Streitkräfte nicht lange standhalten.
Wann hat er erkannt, dass die offizielle französische Position in den Untergang führt? Wann hat er den Mut gefasst sich gegen die Vichy-Regierung zu stellen? Einen Mut, den die meisten Offiziere nicht hatten.
Wann hatte er diese Vision von einem anderen, von einem befreiten und moralisch wiederhergestellten Frankreich in einer Zeit in der Lüge von Wahrheit schwer zu unterscheiden war?
Am 18. Juni 1940 wird er in der BBC seinen Appell an die Franzosen verlesen, „Frankreich hat eine Schlacht verloren, aber Frankreich hat keinen Krieg verloren“…während der Marschall Pétain einen demütigenden Waffenstillstand im Wald von Compiègne unterschreibt.
Während de Gaulle in Vichy wegen Hochverrat zum Tode verurteilt wird, arbeitet er in London mit diplomatischem Geschick und Durchhaltevermögen an seiner Vision. Er wird Frankreich trotz aller Schwierigkeiten einen Platz an der Seite der Alliierten erkämpfen und so Frankreichs Würde wieder herstellen.
Nach dem Krieg hat er die Vision, dass man in Europa nur zusammen und konstruktiv eine Zukunft haben kann und überwindet zusammen mit Konrad Adenauer die alte Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland. Besonderer Ausdruck des Wunsches nach Versöhnung und der Vision eines gemeinsamen europäischen Hauses ist 1963 die Gründung des deutsch-französischen Jugendwerkes im Rahmen der Elysée-Verträge durch die beiden Staatsmänner.
Algerien wird er 1962 in die Unabhängigkeit entlassen.
Selten sind seine Entscheidungen unumstritten. Aber in vielen seiner Entscheidungen gibt ihm die Geschichte aus heutiger Sicht Recht. So wird er auch zur zentralen Figur der europäischen Einigung und ist nicht nur für Frankreich sondern auch für die deutsch-französische Freundschaft und für Europa eine der ganz entscheidenden politischen Gestalten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Am 9. November 1970 stirbt er in Colombay-les-deux-Églises. Sein Schaffen wird aber Frankreich für die nächsten Jahrzehnte prägen und auch für die Vereinigung Europas von nachhaltiger Wirkung sein, seine Vision eines in Frieden vereinten, solidarischen Europa ist – auch wenn es manchmal nicht so scheint – auch heute noch von großer Aktualität.